Einfache Menschen

Die Medien (stellvertretend: http://www.sueddeutsche.de/kultur/common-people-von-pulp-singt-jarvis-cocker-ueber-frau-varoufakis-1.2471291) fragen sich, ob "Common People" (90er Jahre Hit von Pulp) von Frau Varoufaikis handle, der Gattin des griechischen Finanzministers. (Reiche Tochter studiert Bildhauerei am St. Martin's College, wo Jarvis Cocker sie trifft, sie will von Jarvis wissen, wie einfache Leute so leben, und er nimmt sie mit in den Supermarkt. Lass uns so tun, als wären wir arm, schlägt er der Göre vor, und sie denkt, hihi, ist das lustig, und Jarvis denkt, dass eigentlich keiner lacht. Am Ende des Songs konstatiert er lakonisch, dass die ganze Chose mit billig Wohnen im hippen abgeranzten Apartment eh nur Show ist, denn am Ende kommt Daddy und "stopps it all".

Common People, die Manifestation der Aufrechten, der Standhaften, der Künstler, der Wahrhaften. Common People war gegen die Nachahmer, Groupies und Touristen, Common People war meine Offenbarung!

2015: Die Medien sind aufgeregt, der Finanzminister beschwichtigt, seine Frau hätte tatsächlich, und Jarvis sagt, ey, vielleicht war sie gar keine Griechin... usw.

Ja und? Wen interessiert, wer in Popsongs die Hauptrolle spielt? Wer war Amanda Jones, wer Lovely Rita?

Um was es WIRKLICH ging in COMMON PEOPLE: "Die da" (die Reichen, die Schönen, die Zugereisten) haben "keine Ahnung", wie es wirklich ist, wenn man Kunst studiert, weil sonst nur das Arbeitsamt auf einen nicht mal wartet. (hallo Libertines? Albion segelt ganz weit weg).

Und was lernen wir daraus? (Wo ist eigentlich Willi Winkler, wenn man ihn braucht?)

Fuck Ministergergattinen, um die geht es doch gar nicht. Es geht um ein Phänomen, das wir auch in Berlin erleben: Partygeile Youngsters aus aller Herren Länder strömen in die Stadt und warten auf den Knalll, Jungmanager mit Bart eröffnen Filialen in Berlin-Mitte und wollen hip sein, Touristen fliegen ein und aus und terrorisieren uns ungelenk auf Fahrrädern: Sie wollen alle wissen, wie wir COMMON PEOPLE leben, im hippen Berlin. "But they'll never understand....", denn, wenn sie ihre schönen, neugekauften Appartments oder Hostels verlassen, treffen sie nur auf andere partygeile Youngsters aus aller Herren Länder und Jungmanager mit Bart, die alle darauf warten, dass in Berlin der Knaller passiert. Auch so eine Blase.

Wir COMMON PEOPLE indes sitzen zuhause und hören Pulp.

 

 

 

 

 

 

 

Das Ende einer Ëra

"Du Ferdi, der Vorstandsvorsitzende hat in der Sitzung gesagt, dass ich gar nicht weiß, wie ein Motor aussieht, und dass ich, wenn ich es wüßte, es doch nur von dir wüßte. Der gesamte Vorstand hat gelacht."- "Dieser Hornochse! Uschi, so geht das nicht. Der Vorstandsvorsitzende hat dir zu gehorchen. Der Aufsichtsrat auch, also zumindest, wenn ich nicht dabei bin. Du bist schließlich wie ich, und für ihn bist du gleich ich. Warte mal: Du kennst doch noch alle Namen meiner Autos? Lass es uns kurz wiederholen: Lupo..." - ".... äh, Fix und Foxi?" - "Ach nö Uschi, das war das Zeug für die Kinder! Es geht weiter mit Polo, Polo, Polo, Herrschaftszeiten, jetzt rege ich mich wieder auf, und schuld an allem ist dieser ignorante Vorstandsvorsitzende... ts...ts...ts... Autos mit brennstoffsparendem Antrieb für den europäischen Markt. Sowas Rückständiges. Den mach ich fertig. Uschi, soll ich den mal so richtig vor der Presse...?" - "Ach Ferdi, lass mal, ich bin ja eine kompetente Aufsichtsrätin. Ich bin praktisch so wie Friede. Habe mir alles selbst aufgebaut! Aber vielleicht kannst du ihn mal schimpfen und ihm sagen, dass er nicht so böse mit mir ist? Das macht mich ganz traurig und dann denke ich immer, gleich verliere ich meine Kompetenz." - "Uschi, du meinst wahrscheinlich deine Contenance..."

Ein paar Tage später: "Du Ferdi, der Vorstandsvorsitzende hat gesagt, dass ich nur in den Aufsichtsrat gewählt wurde, weil alle anderen Angst vor dir hatten. Und dann hat er noch 'ätschbätsch' gesagt. Die anderen Vorstände haben so getan, als ob sie in ihren Aktentaschen was suchen, aber ich habe gesehen, dass sie gelacht haben.  Das kann ich mir doch nicht bieten lassen. Das ist so gemein, dabei sagst du doch immer, dass ich gewählt wurde, weil die anderen auch ein bisschen Angst vor mir hatten, nicht nur vor dir!" - "Echt Uschi, jetzt reicht es mir. Den knöpf ich mir vor. Ich schreib dem jetzt mal, wer hier der Herr im Hause ist. Ach was, ich geh gleich an die Presse, damit es alle erfahren. .... Ich bin ganz ruhig, ich rege mich nicht auf.. Ich gehe auf Distanz..." - "Du Ferdi, das ist so toll, dass du mich dabei unterstützt, dass ich als Aufsichtsrätin agieren darf, die sich ihren Platz ganz allein erkämpft hat."

Noch ein paar Tage später: "Der Vorstandsvorsitzende hat gesagt, der Phaeton sei doch bloß ein mit Hefeteig gefütterter Passat, und du hättest mich bei seinem Design als Inspiration im Kopf gehabt. Ist das jetzt gut oder schlecht, Ferdi? - "Grrrr. Uschi, du trittst mit sofortiger Wirkung zurück. Und in einem Konzern, in dem kompetente Frauen durch orientierungslose Vorstandsvorsitzende behindert werden, möchte auch ich nicht mehr Aufsichtsratsvorsitzender sein. Wir gehen!"

 

 

 

Cafe Einstein

Sonntag. Ich war wie immer Joggen. Auf dem Rückweg läuft mir der Mann eines schwäbischen Touristenpärchens zu.Fragt nach einer U-Bahn in die Innenstadt. Ich erkläre ihm, dass es in Berlin keine Innenstadt wie z.B. in Stuttgart gibt, und dass er sich gerade im geographischen Zentrum Berlins befinde. Und frage ihn, wonach ihm gelüstet. Nach Frühstück, gibt er freudig an. Die Frau bewegt ihren Stadtplan mürrisch im Hintegrund. Ich entgegne sachkundig, warum in die Weite schweifen, wenn vor der Tür, also nach der Brücke, das Gute wartet. Und schildere ihm das Cafe Einstein in der Kurfürstenstraße. Er zaudert. Ich erkläre geduldig, dass das Einstein die Mutter aller Cafes in Berlin ist und das untergegangene Westberlin spieget. Jetzt ist der Schwabe begeistert. Der nette Mann ruft seine Frau und sagt, los wir bleiben hier zum Frühstücken. Die Frau, mürrisch wie nur Frauen auf Städtereisen mit ihren Männern, will lieber mit dem Bus in die "Innenstadt" fahren. Sagt zu ihm, Einstein, das ist doch diese Kette, sowas will ich nicht. Wir suchen uns was Richtiges. Der Mann gibt nach, wie es nur Männer auf Städtereisen mit ihren Frauen tun. Ich rufe ihm hinterher "Deine Frau versteht es nicht, dann müsst ihr in ein Touristencafe im Prenzlauer Berg (wollte beinahe schreiben "Prenzlauser")!" - und laufe nach Hause.

 

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